Am Montag, den 27. Januar 2025, fand eine Veranstaltung anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung des KZ Auschwitz in unserer Schule statt. Wir erinnerten uns gemeinsam an die Schrecken des Holocaust und an jüdische Komponisten, die trotz ihrer Gefangenschaft nicht aufgaben, das auszuüben, was sie alle miteinander verband: die Musik. Organisiert wurde die Gedenkveranstaltung von dem Musiker Roman Salyutov und unserer Geschichtslehrerin Frau Ruhland.
Um 19 Uhr versammelte sich langsam das Publikum und Ruhe kehrte in die Aula ein. Unser Schulleiter, Herr Faymonville, eröffnete die Veranstaltung mit einer kurzen und emotionalen Rede und hieß alle willkommen. Danach wurden Präsentationen gehalten, die von den Schülerinnen und Schülern des Geschichtsgrundkurses der EF von Frau Ruhland vorbereitet wurden. Die Lebensgeschichten von vier Musikern und einer Musikerin wurden vorgestellt, die allesamt zuerst in das Ghetto und KZ Theresienstadt, danach nach Auschwitz, deportiert wurden und auch dort ermordet wurden. Einer von ihnen, Gideon Klein, starb tragischerweise noch am Tag der Befreiung, dem 27. Januar 1945, also vor genau 80 Jahren.
Mehrere Wochen arbeiteten die Schüler in Kleingruppen und recherchierten im Internet, wobei sie viel über das Leben der Musiker vor und während der KZ-Haft erfuhren und so ihr Leid besser nachvollziehen konnten. Sie überarbeiteten und übten ihre Präsentationen mehrmals, um ihre Auftritte zu perfektionieren, und gestalteten auch eine kleine Stellwand mit Fotos und Texten. Die vorgestellten Komponisten waren: Hans Krása, Pavel Haas, Viktor Ullmann, Gideon Klein und Ilse Weber. Sie teilten dasselbe Schicksal im „Vorzeigelager“ Theresienstadt, welches die Nationalsozialisten in der damaligen Tschechoslowakei errichteten und für Propaganda-Zwecke nutzten. Im Anschluss an die Vorträge wurden Stücke der jeweiligen Künstler von Herrn Salyutov am Klavier sowie weiteren Musikern und einer Sängerin aufgeführt. Besonders ergreifend waren die Lieder, die Ilse Weber im Ghetto verfasste, darunter „Ich wandre durch Theresienstadt“.
Ilse Weber wurde als Jüdin in der Tschechoslowakei geboren und wuchs in einer liebevollen Familie auf, die ihr frühes musikalisches und schriftstellerisches Talent unterstützte. Schon früh verfasste sie ihre eigenen kleinen Geschichten, die sogar in einer Zeitschrift veröffentlicht wurden. Später vertonte sie ihre Werke, die dann im Radio gespielt wurden. Zusammen mit ihrem Ehemann Willi Weber und einem ihrer Söhne, Tomáš, wurde sie 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie Kinder in einem Kinderkrankenhaus pflegte und Lieder für sie schrieb. Einige Lieder sind auch ihrem älteren Sohn Hanuš gewidmet, den sie schmerzlich vermisste. Es war ihr gelungen, Hanuš mit einem Kindertransport nach England zu schicken, sodass dieser den Zweiten Weltkrieg überlebte. Als Ilse Weber im Herbst 1944 erfuhr, dass die gesamte Kinderstation Theresienstadts nach Auschwitz deportiert werden sollte, entschied sie sich selbstlos dazu, die Kinder zu begleiten. In Auschwitz-Birkenau wurde sie gemeinsam mit ihrem Sohn Tomáš und den anderen Kindern in eine Gaskammer geführt und ermordet. Ihr Ehemann Willi Weber überlebte den Holocaust und konnte später die Werke seiner Frau veröffentlichen.
Nicht nur haben die einzelnen Präsentationen das Publikum zutiefst berührt, sondern auch das Vorspielen der Werke hat die Bedeutung der Lebensgeschichten und des Gedenktages auf eine andere Ebene gebracht. Auch wenn die Künstler vor über 80 Jahren ermordet wurden, ihre Kompositionen berühren uns bis heute und erinnern uns daran, dass Musik Menschen auch in sehr schweren Situationen Kraft geben kann. Am Holocaust-Gedenktag geht es nicht nur darum, einen Tag im Kalender zu erinnern, sondern auch zu erkennen, dass hinter den Schrecken des Holocaust reale Menschen stecken, die Familien, Berufe und Träume hatten.
Eliana Heinzke (EF)