Gedenkstättenfahrt 2023 der 9 und EF nach Krakau und Auschwitz – Eine Reise in die Zeit des Verbrechens

Am Montagvormittag, dem 12. Juni 2023, flogen 24 Schüler*innen aus den Jahrgangsstufen 9 und 10 zusammen mit Frau Kehl und Herrn Wilhelm nach Krakau, der zweitgrößten Stadt Polens, geprägt von der aufrecht erhaltenen Kultur und weit in die Vergangenheit reichenden Geschichte.

Oftmals wird Krakau allein mit der nationalsozialistischen Besetzung und dem Generalgouvernement assoziiert, jedoch fungierte diese Stadt vor der Zeit des Nationalsozialismus als Residenz der Könige sowie als Hauptstadt und Identitätsmerkmal Polens.

Die Anerkennung der Stadt als Kulturzentrum des Landes ist nur dadurch erhalten geblieben, dass die Nationalsozialisten Warschau und nicht Krakau als  das Wahrzeichen Polens anerkannten und Warschau aufgrund einer Machdemonstration völlig zerstörten.

Wir befanden uns jedoch hauptsächlich dort, um uns mit der jüdischen Vergangenheit von Krakau und Auschwitz vor, während und nach der Hegemonie der Nationalsozialisten zu beschäftigen und um währenddessen der Opfer zu gedenken.

Nachdem wir in unser Hotel eingecheckt hatten, wurden wir durch die verschiedenen Viertel der Stadt und durch das Ghetto geführt. Wir besuchten zudem die Remuh-Synagoge, welche eine der noch erhaltenen Synagogen in Krakau ist, und den daneben angelegten Friedhof. Es wurde uns erläutert, dass es normalerweise nicht üblich ist, einen jüdischen Friedhof direkt an eine Synagoge anzugrenzen. Gerade dies sei die Besonderheit dieser alten Synagoge. Auf den Grabsteinen lagen Steine anstatt Blumen, da diese, anders als in der christlichen Tradition, als Symbol für die Ewigkeit verwendet werden.

Das damalige christliche Viertel und das jüdische Viertel Kazimierz gingen ineinander über und waren im stetigen Austausch miteinander bis die Juden aus ihrem Viertel von den Nationalsozialisten vertrieben wurden und in das Ghetto umziehen mussten. Die Führung wurde auf dem Deportationsplatz des Ghettos beendet, auf welchem die Stühle als Mahnmal der vielen Juden, die stundenlang auf ihre Deportation in den Tod warten mussten, gedenken sollen

Am folgenden Tag führten wir einen Rundgang durch die Altstadt durch und besichtigten die zweitälteste Universität Mitteleurpas sowie das Schloss Wawel, welches im Mittelalter der Sitz der polnischen Könige und während des Zweiten Weltkriegs der Sitz des Nationalsozialisten und Generalgouverneurs Hans Frank wurde. Wahrhaftig beeindruckend war der imposante Marktplatz Krakaus mit der Marinenkirche.

Nachmittags wurden wir durch das Schindlermuseum geführt, welches sich in der ehemaligen Porzellanfabrik „Emalia“ von Oskar Schindler befindet. Jeder Raum besaß eine andere symbolische Bedeutung, wie zum Beispiel ein wackeliger und unstabiler Boden, welcher die Instabilität der jüdischen Bevölkerung zur Zeit der Besetzung Polens verbildlichen sollte. Wir erfuhren viel über Schlindlers Leben, seine Verdienste, seinen überaus großen Mut und das alltägliche Leben im Ghetto.

Später trafen wir im jüdischen Museum Galicia die Zeitzeugin des Holocaust Anna Janowska-Ciońćka, welche uns aus eigener Perspektive über den Holocaust, über ihr Leben und ihre Erfahrungen berichtete. Oftmals war es beschwerlich, die Grausamkeit, den Terror und den Schrecken des Holocausts und unter anderem auch die Gefühle der Betroffenen nachzuempfinden. Deshalb war die Bekanntschaft mit einer Zeitzeugin sehr bereichernd und hat die individuelle Wahrnehmung der nationalsozialistischen Vergangenheit gefördert.

Wer sich mehr für Anna Janowska-Ciońćkas Lebensgeschichte interessiert, dem ist es möglich unter diesem Link mehr zu erfahren:

https://www.maximilian-kolbe-werk.de/unsere-arbeit/erinnern/dokumentation-von-lebenszeugnissen/janowska-cioncka-anna/

Mittwochs fuhren wir mit dem Bus das erste Mal nach Auschwitz (Oświęcim) und besuchten dort die Ausstellung „Bilder im Kopf“ des Künstlers und ehemaligen Auschwitz-Häftlings Marian Kolodziej. Er war eines der 728 Opfer der ersten Deportation nach Auschwitz. Dort und in verschiedenen Konzentrationslagern überlebte er bis er schließlich 1945, gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, von der amerikanischen Armee befreit wird. Darauf studierte Marian Kolodziej Kunst. Seine qualvolle Vergangenheit als Nummer 432 drückte er nach langer Verschwiegenheit in Form von Kunst aus. Auch die Ausstellung gestaltete er selbst, um weiteren Generationen das Verhängnis Auschwitz zu verinnerlichen.

Seine erschreckende Kunst spiegelt nicht nur die alltäglichen, grausamen Umstände des Konzentrationslagers wie die „dünne Suppe“ für die Häftlinge wider, sondern befasst sich zudem mit dem emotionalen Leiden und den Todeswünschen der KZ-Häftlinge, dem Identitätsverlust durch die Annahme der Nummern, den Idealen und der Moral als Häftling sowie als gläubiger Katholik mit der Theodizee-Fragestellung . Warum lässt Gott solch ein Leid auf Erden zu? Allein Nationalsozialisten werden als Monster dargestellt, um sie dem Menschsein zu entfremden.

Vor dem Ausgang der Ausstellung befindet sich auf dem Boden eine Glasplatte, darunter ein Bild mit abgemagerten Häftlingen, Knochen und der Inschrift „Pro Memoria“ (Lat. „Für die Erinnerung“). Der Guide erzählte uns es sei ein persönlicher Wunsch von Marian Kolodziej beim Verlassen der Ausstellung auf dieses Bild zu treten. Es bedarf mehr Platz als dieser Artikel bietet, um das unbehagliche und dabei aufkommende Schuldgefühl zu beschreiben.

Darauf wurden wir durch den Ort Auschwitz (Oświęcim) geführt. Wie erfuhren, dass zwar noch Synagogen in diesem Ort vorhanden sind, jedoch keine mehr von der jüdischen Bevölkerung genutzt wird, da in Oświęcim keine jüdische Bevölkerung mehr existiert.

An unserem letzten Tag mit Programm fuhren wir schon früh nach Auschwitz, um sowohl das Stammlager „Auschwitz I“ als auch das Vernichtungslager Auschwitz Birkenau, „Auschwitz II“, zu besichtigen. Wir gingen unter dem Tor mit der Aufschrift „ARBEIT MACHT FREI“ hindurch und bewegten uns auf demselben Boden, den zahlreiche kalte Füße im Winter des Zweiten Weltkrieges berührt hatten. Wir wurden durch Ausstellungen in den Baracken geführt, die Bilder der Häftlinge, unwissende Kinder auf dem Weg zur Gaskammer und die von den Nationalsozialisten abgenommenen Habseligkeiten der Juden zeigten. Darauf wurden wir in den Innenhof zwischen Block 10 und 11 geführt, dort, wo damals Massenhinrichtungen stattfanden und die Opfer des Nationalsozialismus mit dem Gesicht zur Mauer einen schrecklichen Tod erfuhren.

Die meisten Grausamkeiten muss man mit eigenen Augen gesehen haben, um sie zu verstehen, denn die Dimensionen von Auschwitz Birkenau sind verstörend. Während der Führung durch dieses Massenvernichtungslager mit Blick auf die Baracken und verbliebenen Schornsteine fiel es mir schwer, nicht an einen Bauernhof mit betriebener Massentierhaltung zu denken.

Kurz danach führten wir einen interessanten Workshop zu den Fluchten in Auchwitz durch.

Wieder in Krakau angelangt, verabschiedeten wir uns von der Stadt mit einem gemeinsamen Abendessen.

Wenn auch nicht in dem Ausmaß des Holocaust, finden in unserer Zeit und in unserem Jahrhundert ähnliche Genozide, angetrieben von Hass und Intoleranz, statt wie die Uigurenverfolgung in China, welche in Einrichtungen festgehalten werden, die eine erschreckende Ähnlichkeit mit Konzentrationslagern aufweisen. In den letzten Monaten ist zudem in Deutschland der Rechtsextremismus gestiegen.

Anstatt sich dem Hass, Neid und dem Machtverlangen hinzugeben sollten wir als Menschen bereit dazu sein, Toleranz, Respekt und Liebe zu verbreiten.

Man sagt, dass sich die Geschichte wiederholt, doch wenn der Mensch bereit ist zu lernen, wird dieses Sprichwort an Bedeutung verlieren. Es liegt in den Händen der Menschen sich und damit die Geschichte zu verändern.

Einen lieben Dank an Frau Kehl, die diese Fahrt organisiert und jedes Jahr mit Schüler*innen des AMGs durchführt und diesen damit die Möglichkeit bietet, über die Vergangenheit nachzudenken!

 

Text: Laura Crnac

Fotos: Sarah Windecker & Nele Knobloch

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