Der Jugend-Landtag 2015: Politik praktisch erfahren

P1020713Politik ist unter vielen Jugendlichen ein regelrechtes Tabu-Thema! Das Interesse hält sich aufgrund der fehlenden Möglichkeit der aktiven Mitbestimmung in Grenzen. Dies war einer der Gründe warum sich die Konferenz der Landtagspräsidenten im Jahre 2007 entschied, die Jugendarbeit der einzelnen Landesparlamente auszubauen. Am besten konnte der Landtag NRW diese Pläne umsetzten. Ein Sachbereich Jugend und Parlament wurde ins Leben gerufen; ebenso der Jugend-Landtag. Seit 2007 findet der Jugend-Landtag jährlich statt.

Der Jugend-Landtag ermöglicht Einblicke in das Leben der Parlamentarier und gibt den Jugendlichen die Möglichkeit sich politisch zu engagieren und aktiv an der Politik teilzunehmen. Dies geschieht im Rahmen von mehreren Fraktionssitzungen, Themenarbeitssitzungen, Expertenanhörungen, Ausschusssitzungen und zuletzt im großen Plenum. Damit ist es dem Landtag NRW gelungen, Jugendliche in einem groß angelegten Planspiel, von Politik zu begeistern oder zumindest die Abneigung gegen Politik zu nehmen. Ich durfte in meiner Zeit als MdJL (=Mitglied des Jugend-Landtages) die Landtagsabgeordneten Helene Hammelrath von der SPD vertreten. Sie ist die direkt gewählte Abgeordnete des Rheinisch Bergischen Kreises.

Erstmals konnten die MdJLs die Themen selber wählen über die debattiert werden sollte: So entschieden wir uns für den Entwurf „Gerechtere Vergabe von Studienplätzen“ und das Thema „Mehr fürs Leben lernen“, den Alltag in der Schule erfahren. Hier hatte die 18-Jährige Naina aus Köln mit einem Post für Aufsehen gesorgt. Vorher konnte ich mit einigen Schülern aus meinem Sowi-Kurs, mit dem ich im Mai den Landtag besucht hatte, über beide Themen diskutieren und ihre Anregungen mit nach Düsseldorf nehmen.P1020705

Der Jugend-Landtag begann mit einer Begrüßung durch die Landtagspräsidentin Carina Gödecke und einer Führung durch das Landtagsgebäude durch das Helfer-Team. Es folgte eine 3-stündige Fraktionssitzung in der man die Schriftführer und die Spitze der Fraktion wählte. Nach den Wahlen folgte ein erster Austausch über die beiden Themen. Man merkte, dass vor allem das Thema „Mehr fürs Leben lernen“ die Meinungen weit auseinander gehen ließ.Nach dem Abendessen und einem unterhaltsamen Abend-Programm wurden wir in unsere Hotels gebracht. Alle anfallenden Kosten werden vom Landtag getragen.

Freitag war der anstrengendste Tag, denn der volle Terminplan lies wenig Zeit für andere Tätigkeiten. Es folgte der 2. Fraktionssitzung, die Themenarbeitssitzung, wozu sich die Fraktion teilte. Ich war Mitglied des Haushalts- und Finanzausschusses und wurde dem Thema „Gerechtere Vergabe von Studienplätzen“ zugeteilt. Es folgte die Expertenanhörung und eine weitere Fraktionssitzung, bevor man in die Ausschusssitzungen ging und erstmals Kontakt zu den anderen Parteien hatte und die Interessen der eigenen Fraktion vertreten musste. Es folgte die letzte Fraktionssitzung in der wir unsere Änderungsanträge nochmals durchgesprochen haben und die Redner für das Plenum festgelegt haben. Der Abend wurde durch einen parlamentarischen Abend abgerundet, bei dem man auf die reellen Abgeordneten traf.

Samstagvormittag folgte die Plenarsitzung auf welche man sich 2 Tage lang vorbereitet hat. Neben den beiden Themen hatte man eine Aktuelle Stunde zum Thema „Verbesserung der Situation von Flüchtlingen“ und einen Eilantrag „Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Ehen“ auf die Tagesordnung gesetzt. Alle Redner waren sich einig, dass die Situation der Asylbewerber verbessert werden müsse. Ebenfalls große Einigkeit gab es bei dem besagten Eilantrag: Der Fraktionsvorsitzende der FDP brachte es in seiner Rede auf den Punkt: „Wir wollen diese konservative Altherren Politik nicht mehr, die die Gleichstellung verhindert“. Dies verdeutlichte auch das Abstimmungsergebnis der CDU-Jugendlandtagsfraktion, die wie der gesamte Jugend-Landtag, fast einstimmig hinter diesem Antrag stand. Die Unionsfraktion im Bundestag ist die einzige Fraktion, die die Gleichstellung der leichgeschlechtlichen Ehe ablehnt. Im weiteren Verlauf wurde über die beiden Gesetzesentwürfe debattiert. Eine Debatte, die mit viel Leidenschaft und Engagement geführt wurde. Höhepunkt der Plenarsitzung bildete ein Hammelsprung aufgrund unklarer Stimmverhältnisse beim Thema „Gerechtere Vergabe von Studienplätzen“.

Abschließend beschloss der Jugend-Landtag, dass die Vergabe von Studienplätzen nicht nur auf dem NC beruhen darf und ein Einstufungstest durchgeführt werden soll bzw. muss.Dies soll für mehr Gerechtigkeit bei der Vergabe von Studienplätzen sorgen! Beim 2.Antrag kam man zu dem Schluss, dass Projektwochen eingeführt werden sollten, in denen Themen wie Steuern und Mietrecht besprochen werden. Uns war es als stärkste Kraft im Parlament (SPD hat 99 Sitze im Landtag) gelungen, all unserer Änderungsanträge durchzubringen, sodass das Ergebnis für uns sehr positiv war. Unsere verabschiedeten Gesetzesentwürfe werden nun in den reellen Ausschüssen durchgesprochen und im richtige Parlament neu aufgerollt.

Alles in allem blicke ich auf eine tolle Zeit und realitätsnahe Erfahrung von der parlamentarischen Arbeit zurück, in der ich die einzelnen Abläufe kennenlernen durfte. Jeder Jugendliche, der sich für Politik interessiert oder sich vom Gegenteil überzeugen lassen möchte, dass Politik langweilig sei, sollte seine Chance nutzten und sich nächstes Jahr bewerben.Es sind bleibende Erfahrungen, die man gemacht haben sollte.

Niklas Költgen (Q1)

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