Europa auf dem Prüfstand

SoWi-Fahrt Brüssel Atomium

Die SoWi-Kurse der Q2 zu Besuch in Brüssel

Der Europäischen Union mangele es an Transparenz, Partizipationsmöglichkeiten und Foren, in denen sich Bürger über die Europäische Integration informieren können, so wird oft kritisiert. Um dem entgegenzu-wirken, oder besser gesagt Schülern wie uns eben ein solches Forum zu geben, bietet die Europäische Union mit wechselnden Partnern regelmäßig Seminare an, die zur Vermittlung grundlegenden Wissens über die EU und deren Funktionsweise beitragen, aber auch einen Ausblick auf aktuelle wichtige Fragestellungen sowie zukünftige Entwicklungen im europäischen Integrationsprozess bieten. An unserer Schule werden diese ,,Europa-Seminare‘‘ schon seit einigen Jahren mit unterschiedlichen Schwerpunkten durchgeführt, die Gruppenkonstellation variiert dabei zwischen Schülern aus Projektkursen, Grund- und Leistungskursen der Sozialwissenschaften. Dieses Jahr war es dem SoWi – Grundkurs von Herrn Krautkrämer vergönnt, gemeinsam mit dem Leistungskurs SoWi von Herrn Daniel Klisch an der Brüssel-Fahrt teilzunehmen.

Nach drei Stunden Fahrt hält der Bus im Europaviertel in Brüssel. Jens Janßen, unser Seminarleiter und Ansprechpartner der nächsten drei Tage, steigt ein und informiert uns über die Ziele unseres Besuchs. Wir werden die Institutionen der Europäischen Union, die wir bis jetzt nur im Unterricht kennengelernt haben, nun auch einmal live zu Gesicht bekommen. Vor allem aber soll bei uns Teilnehmern ein weitergehendes Interesse für die europäische Politik geweckt werden.

Nach den obligatorischen Sicherheitskontrollen werden wir in der Europäischen Kommission von Herrn Prof. Dr. Ralf von Ameln begrüßt und in einen kleinen Seminarraum geführt, auf den Tischen liegen schon diverse Werbegeschenke bereit. Von Ameln, ein echtes Rheinländer Urgestein, referiert (in seiner speziellen Art und Weise) über die Arbeit der Europäischen Kommission und geht dabei besonders auf die EU-Erweiterungspolitik ein. Welche Anforderungen hat ein Mitgliedstaat der Europäischen Union zu erfüllen? Welche Rolle spielt dabei die Kommission? Manche der LK-Schüler sind schon zum zweiten Mal dabei und glänzen mit ihrem ausgereiften Wissen. Zur Belohnung gibt’s Schokolade vom Professor. Auch der Charakter der Institution wird beleuchtet: ,,Wer behauptet, die europäische Kommission sei eine Regierung, der lügt!‘‘ – das würden wir nie wagen. Ein wenig eingeschüchtert aber auch amüsiert von dem Vortrag stehen wir später vor der ,,Time-Line‘‘ der Europäischen Kommission, die ihre Geschichte seit 1952 zeigt.

Die Hoffnung auf einen trockenen Nachmittag schwindet, als wir im strömenden Regen im Sleep Well Hostel in der Nähe der Innenstadt ankommen. Doch selbst das scheußliche Wetter kann uns die schöne Altstadt Brüssel nicht verderben.

Zurück im Europaviertel beginnt für uns der zweite Tag des Seminars. Wir warten vor den Türen des Europaparlaments, bis die Sicherheitsleute uns hereinlassen. Nachdem wir es dann doch noch ohne Festnahme ins Atrium geschafft haben, folgen die traditionellen Gruppenfotos vor den Fahnen der EU. Im nächsten Stockwerk werden wir von unserem heutigen Referenten begrüßt. Der junge Mann sieht aus wie Anfang 20, kommt aus Österreich und hat anscheinend bereits in jedem Land der EU schon einmal studiert, gearbeitet oder gelebt. So ist zumindest unser Eindruck von ihm, als er uns auf sympathische Art und Weise die Vorteile eines einheitlichen Binnenmarktes in der EU anhand seiner früheren Versuche, trotz Zollbeschränkung belgisches Bier für seine finnischen, ungarischen und österreichischen Freunde über die Grenze zu kriegen, erklärt. Aber man scheint viel rumzukommen in diesem Beruf.
Schritt für Schritt besprechen wir die einzelnen politischen Fraktionen des Parlaments, mittlerweile traut sich auch der Grundkurs Fragen zu stellen, und es entwickelt sich eine angeregte Diskussion über die Vor- und Nachteile einer einheitlichen EU-Gesetzgebung. Im Plenarsaal des Parlamentes erfahren wir anschließend mehr über die Organisation der Fraktionen und wer überhaupt wo sitzen darf. Nach dem Vortrag haben wir (und vor allem Herr Krautkrämer) noch einige Minuten, um genügend Selfies in diesen bedeutenden Hallen zu machen, bevor wir uns zum Parlamentarium aufmachen, dem Besucherzentrum des Europäischen Parlamentes. In der dortigen Dauerausstellung wird multimedial die Entstehung der EU erklärt. Jens drückt jedem von uns einen Fragebogen in die Hand und wir machen uns für eine Stunde auf den Weg durch die Ausstellung um die Entwicklung der Europäischen Integration kennenzulernen und zu verstehen.
Nach einer kurzen Mittagspause am – wie war es anders zu erwarten – Pommes-Stand, führt uns Jens quer durch Brüssel zu der Ständigen Deutschen Vertretung bei der EU. Kaum angekommen, stellt sich die erste Frage: Wo sind wir hier eigentlich? Auf deutschem oder belgischem Boden? – Jens bringt es auf den Punkt: ,,Wenn’s brennt, kommt nicht die deutsche Feuerwehr‘‘. Thema unseres Informationstermins sollte eigentlich die deutsche Europapolitik im 21.Jahrhundert sein, leider geht jedoch der Fokus nach dem Ausfall der PowerPoint-Präsentation in einem ausschweifenden Monolog über die allgemeine Arbeit des Referenten/,,Hardcore-Beamten‘‘ unter. Der Plan der Lehrer, die Schüler mit Schokolade als Bestechung zu provokanteren und zielführenden Fragen zu ermutigen und so unseren Gastgeber aus seiner Reserve zu locken, schlägt leider an dessen weitreichend und vor allem vage formulierten Antworten fehl. Zwei Stunden später, nachdem wir uns wieder auf 100% belgischem Boden bewegen, ist das ,,politische‘‘ Programm des Seminars an sich beendet.

Um den letzten Abend nicht in kleinen Gruppen auf den einsamen Zimmern unseres Hostels verbringen zu müssen, gehen wir nun gemeinsam beim Italiener an den Galeries Royales Saint-Hubert essen. Im perfekten Französisch wird bestellt und nach einem leckeren Essen ziehen die SoWi-Kurse weiter.

Halb neun Uhr morgens – die Reisegruppe macht sich mit gepackten Koffern auf den Weg zum Bus, der irgendwo am Rande der Stadt geparkt hat. Es sind gefühlte minus 20 Grad, aber der Bus soll nur ein kleiner Zwischenstopp sein. Denn nachdem wir uns die letzten Tage rund um die Uhr mit Europa beschäftigt haben, sollen wir nun auch etwas über die Stadt Brüssel erfahren, durch die wir schon seit zwei Tagen laufen. Nach dem Motto ,,Besser spät als nie‘‘ ziehen wir in zwei Gruppen los. Auch wenn unsere Füße mit jedem Meter ein wenig tauber werden, die Stadtführung vorbei an der Saint Michel, dem königlichen Palast und dem Rathaus ist sehr entspannt gestaltet, weshalb wir trotz Kälte gerne zuhören. Als wir dann wieder im Bus sitzen, bereit zur Abreise, sind wir gezwungen, uns von unserem Seminarleiter zu verabschieden und überreichen Jens ein Paket belgisches Bier, damit seine Erinnerung an uns nicht zu schnell verblasst. Einen letzten ,,kleiner Schlenker‘‘ machen wir zum Atomium, das zur ersten Weltausstellung nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet wurde, etwas außerhalb der Stadt. Wir wollen doch wirklich sicher gehen, diese Touristenattraktion mitgemacht zu haben.

Sophia Mühl

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